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Kanzlei, Rechtsanwalt, Gießen
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Erbvertrag

Der Erbvertrag ist neben dem Testament die zweite Form der → Verfügung von Todes wegen. Während das Testament eine einseitige Willenserklärung des Erblassers ist, handelt es sich beim Erbvertrag um ein zweiseitiges Rechtsgeschäft. Dies hat Auswirkungen auf die freie Widerruflichkeit dieser Verfügung von Todes wegen: Anders als das Testament (Ausnahme: → gemeinschaftliches Testament) kann der Erbvertrag nur unter besonderen Voraussetzungen rückgängig gemacht werden. Der Erbvertrag hat eine mit dem gemeinschaftlichen Testament vergleichbare Bindungswirkung (§ 2289 I 2 BGB).

 1. Voraussetzungen und Form

Der Erblasser kann einen Erbvertrag nur persönlich – und zur Niederschrift vor einem Notar (§ 2276 I BGB) – schließen (§ 2274 BGB). Da es sich hier um ein → höchstpersönliches Rechtsgeschäft handelt, ist eine Stellvertretung ausgeschlossen. Die andere Vertragspartei kann sich dagegen vertreten lassen. Dies gilt nicht, wenn sich die Vertragsparteien gegenseitig bedenken, also beide Erblasser im Sinne der Norm sind. Anders als bei der Errichtung eines Testaments ist für den Abschluss eines Erbvertrags nicht → Testierfähigkeit sondern unbeschränkte Geschäftsfähigkeit erforderlich (§ 2275 I BGB); Minderjährige können im Grundsatz daher nur Testamente errichten.

 2. Inhalt und Bindungswirkung

Die Vertragsparteien können in dem Erbvertrag alle letztwilligen Verfügungen anordnen, die auch Inhalt eines Testaments sein können (§ 2299 I BGB). Von der besonderen Bindungswirkung des Erbvertrags werden allerdings nur Erbeinsetzungen, Vermächtnisse und Auflagen umfasst (§ 2278 II BGB).

Die Bindungswirkung tritt ein, wenn die Parteien einen entsprechenden Bindungswillen erkennbar zum Ausdruck gebracht haben. Sie hat zur Folge, dass der Erblasser nach Abschluss des  Erbvertrags seine → Testierfreiheit insoweit verliert, als ihm jede Beeinträchtigung der dem Vertragspartner vertragsmäßig eingeräumten Rechte – beispielsweise durch Testament – untersagt ist (§ 2289 I 2 BGB). Die Situation ist vergleichbar mit den →  wechselbezüglichen Verfügungen beim gemeinschaftlichen Testament.

Der Erbvertrag kann zu Lebzeiten der Vertragsparteien einvernehmlich abgeändert oder aufgehoben werden. Nach dem Tod einer Vertragspartei ist dies nicht mehr möglich (§ 2290 I BGB). Bei Vorliegen der hierfür erforderlichen Voraussetzungen ist aber ggf. eine Anfechtung möglich. Haben sich die Parteien ein vertragliches Rücktrittsrecht eingeräumt, ist auch ein → Rücktritt vom Erbvertrag möglich.

 3. Rechtsgeschäfte zu Lebzeiten

Der durch Erbvertrag gebundene Vertragspartner kann über sein Vermögen durch Rechtsgeschäfte unter Lebenden grundsätzlich frei verfügen (§ 2286 BGB). Eine Grenze findet diese Freiheit aber bei den sogenannten → böswilligen Schenkungen.

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